
Nachhaltige Initiativen
Seit Gründung verfolgt Dräger das Ziel, verantwortungsvoll mit Menschen und Ressourcen umzugehen. Dräger entwickelt dazu eine Vielzahl neuer Ideen und Initiativen – vom Produktdesign über Verpackungen und E-Mobilität bis zu CO2-neutralen Immobilien. Doch was bedeutet es, mit knappen Ressourcen verantwortungsbewusst umzugehen? Und wie lassen sich Mitarbeitende, Zulieferer, Kunden und Geschäftspartner in ein neues Netzwerk einbinden, das Transparenz und Sparsamkeit großschreibt?
„Bei uns spielt Nachhaltigkeit in all ihren Facetten schon immer eine tragende Rolle“, sagt Vorstandsvorsitzender Stefan Dräger und verweist auf das Familienwappen: „Lever Schaden as Schimp!“ Dieses Motto, das die Familie schon vor der Firmengründung prägte, prangt seit 1974 am Eingang zur Unternehmensausstellung in der Lübecker Firmenzentrale. „Es ist unser Bekenntnis und unsere Verpflichtung, eher finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen, als den guten Ruf und das Vertrauen unserer Kunden aufs Spiel zu setzen. Dieses Denken, ein Geschäftsmodell ohne rücksichtslose Ausbeutung des Planeten zu verfolgen, war noch nie so zeitgemäß“, betont Dräger. Nachhaltigkeit liegt bei Dräger tief in der DNA verwurzelt und wird in verschiedensten Bereichen stetig vorangetrieben. Das fängt mit ersten Maßnahmen zur Elektrifizierung des Fuhrparks an und geht über eine umfassende Digitalisierung der Lieferketten und des Einkaufs bis zur Strategie, Gebäude bis 2045 CO₂-neutral zu machen. Dazu kommen viele neue Ideen, wie Tausende Produkte mit weniger Verpackung auskommen und schon beim Design auf noch mehr Umweltfreundlichkeit und Langlebigkeit getrimmt werden können.
Transparente Lieferketten durch cloudbasierte Lieferantenplattform
„Das Umdenken beginnt schon bei den Lieferketten“, sagt Daniela Janke aus dem globalen Einkauf der Sicherheitstechnik. „Wir haben mehr als tausend Lieferanten, die uns mit mehreren Zehntausend Materialien für unsere Produkte beliefern. So gut wie wir unsere Geschäftspartner auch kennen, es ist schwer, sich einen lückenlosen Einblick in jede Lieferkette zu verschaffen.“ Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die Einführung einer cloudbasierten Lieferantenplattform. Über eine Software werden seitdem mehr als 75 Prozent aller Bestell- und Logistikprozesse abgewickelt. „Das gibt uns auch die Möglichkeit, Transporte verschiedener Lieferanten zu bündeln – und so CO₂ einzusparen“, sagt Daniela Janke. Weitere Funktionalitäten der Plattform sollen folgen. So ist ein digitalisiertes Lieferantenmanagement geplant, das Einblick in den Risiko- und Nachhaltigkeits-Status geben soll. Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sorgt die EU-Kommission zudem dafür, dass Unternehmen nachhaltiger produzieren. Bei Dräger muss jeder neue Lieferant einen „Code of Conduct for Business Partners“ unterschreiben und bestimmte Anforderungen akzeptieren. Ab 2023 müssen darüber hinaus alle Lieferanten in einer jährlichen Analyse auf ihr potenzielles Risiko geprüft und – sofern notwendig – zu einem Assessment über EcoVadis eingeladen werden. Die CSR-Ratingagentur ist einer der führenden Anbieter und bewertet auch Dräger regelmäßig; 2022 wurden wir mit dem Gold-Standard ausgezeichnet.
CO₂-neutrale Standorte bei Strom und Wärme bis 2045
Aufs Tempo drückt auch der Bereich Real Estate, wo ein Team seit Anfang 2022 an einer globalen Bestandsaufnahme und Strategie arbeitet, damit Dräger an seinen Standorten bei Strom und Wärme bis 2045 CO₂-neutral wird. „Der Schwerpunkt liegt zunächst auf Einsparungen und wie wir erneuerbare Energien effizient nutzen können“, erklärt Projektleiter Dirk Schultze seine Mission, die zeitnah in einer Roadmap mit konkreten Empfehlungen münden soll. Als richtungsweisendes Beispiel nennt Schultze die Dräger-Tochtergesellschaft in Wien, die mit Geothermie und Solarstrom auf dem Dach rund 163 Tonnen CO₂ im Jahr einsparen will: „Wenn das Gebäude steht, wäre es die erste CO₂-neutrale Dräger-Liegenschaft."
Unsere Tochtergesellschaft in Wien wäre die erste CO₂-neutrale Dräger-Liegenschaft.
Nachhaltigkeit von Anfang an
Nachhaltigkeit beginnt schon beim Design. Um in der Sicherheitstechnik für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen, hat sich ein Team gefunden, das die Bereiche Forschung & Entwicklung sowie Produktmanagement zusammenbringt. Bis Ende 2023 wollen die Experten das gesamte Gasmesstechnik-Portfolio aus vielen Hundert Kernprodukten genau unter die Lupe nehmen – und nach einer Umfeldanalyse die wichtigsten Nachhaltigkeits-Anforderungen im Entwicklungsprozess verankern. „Wir müssen künftig bei jedem neuen Produkt darauf achten: Geht es dabei nur um die bessere Leistung? Wollen wir Kunststoffe aus Öl verwenden, oder können wir mit recyclingfähigen oder recycelten Materialien arbeiten? Wie sieht die Bilanz über den gesamten Produktlebenszyklus aus? Können wir Teile zurücknehmen und aufarbeiten?“, umreißt Moritz Haass das weite Feld. Dabei lassen sich neue Ansätze für ein Produkt keineswegs 1:1 auf andere übertragen. Und Änderungen müssen gut durchdacht sein. „Transmitter etwa durchlaufen eine mehrjährige Entwicklungsphase und bleiben dann rund 15 Jahre im Markt“, gibt der strategische Portfoliomanager zu bedenken. „Ein Design, das heute entsteht, reicht also schnell bis ins Jahr 2040.“
Wir haben durch Wegfall und Reduktion gedruckter Handbücher und Bedienungsanleitungen 2022 rund 14,5 Millionen Blatt Papier gespart. Das entspricht einer Entlastung um 70 Tonnen CO₂
Hochglanzkartons ersetzen
Im Vergleich zur stationären Gasmesstechnik haben mobile Geräte eine deutlich kürzere Lebensdauer; hier gilt es, andere Aspekte zu berücksichtigen. „Bei nachhaltigen Produkten geht es nicht nur ums Energiesparen, sondern auch um Langlebigkeit und ein Design, das Reparaturen oder Recycling vereinfacht.“ Haass kann auf zwei Projekte verweisen. „Seit zwei Jahren reduzieren wir in der Sicherheitstechnik die Zahl der gedruckten Handbücher und Bedienungsanleitungen oder lassen sie ganz weg. Dadurch sparten wir 2022 rund 14,5 Millionen Blatt Papier.“ Das entspricht einer Entlastung um 70 Tonnen CO₂. Die optimistische Schätzung für das Jahr 2023 geht sogar von bis zu 25 Millionen Blatt Papier (121 Tonnen CO₂) aus. Im Idealfall gibt es eine Seite zum Schnellstart samt QR-Code, der Kunden direkt führt. Gesetze setzen dem Einspargedanken allerdings Grenzen. Bei einigen Geräten greift beispielsweise die europäische Explosionsschutzrichtlinie ATEX, die vorschreibt, dass Gebrauchsanweisungen den Produkten beigefügt werden müssen. Ein ähnliches Umdenken verfolgt das Team auch beim zweiten Projekt, bei dem es um Verpackungen geht. „Man kommt schnell darauf, dass in Kartons viel Potenzial steckt – die Umsetzung gestaltet sich oft schwierig. Wir müssen uns jedes Produkt genau ansehen“, beschreibt Haass die Tüftelarbeit. Wie passt das Gerät am besten in einen Karton, kann das Füllmaterial aus Papier bestehen und muss jedes Teil nochmals in Karton und Folie verpackt werden? Wie wird es gegen Vibration und Transportschäden gesichert? Wird es eher in größeren Mengen gekauft und müssen die Geräte dann wirklich einzeln verpackt werden – oder geht das auch anders? Bei einigen Produkten wie dem neuen Feuerwehrhelm HPS SafeGuard wurde bereits ein Hochglanzkarton mit Mehrfarbdruck durch einen braunen mit einfarbiger Beschriftung ersetzt. Und auch in gesamten Produktbereich der Sicherheitstechnik läuft bereits die Umstellung auf Verpackungen aus brauner Kartonage.
27 Kilogramm Müll pro Operation
Ähnlich will auch Tobias Stabenau in der Medizintechnik vorgehen. Das Portfolio besteht aus rund 2.500 Produkten. Medizinische Geräte sind aus Gründen des Patientenschutzes noch stärker reguliert, sodass etwa Schläuche, Filter oder Beatmungsmasken nach Patientenkontakt als kontaminiert gelten und entsorgt werden müssen. Forschende in den Niederlanden fanden heraus, dass eine einzige Operation im Schnitt 27 Kilogramm Müll verursacht; vieles davon Sondermüll, der verbrannt werden muss. Gleichzeitig machen recyclingfähige Verpackungen rund die Hälfte aller Plastikabfälle in Kliniken aus, die sortiert und wiederverwertet werden können. „Wir müssen zunächst viele kleine Schritte gehen und mit einfachen Mitteln für mehr Nachhaltigkeit sorgen, statt uns das große Ganze vorzunehmen“, sagt Stabenau. So ist es derzeit sehr schwierig, recyceltes Plastik für medizinische Verbrauchsmaterialien zu verwenden. Ein Pilotversuch, der seit Ende 2022 läuft, soll die Möglichkeit ausloten, entsorgte Plastikschläuche dem Recycling zuzuführen. „Das Interesse der Kunden an nachhaltigen Lösungen ist groß, das zeigt sich auch in den Ausschreibungen. Nachhaltigkeitsaspekte waren für Krankenhäuser bis vor ein, zwei Jahren kein großes Thema und werden nun verbindlich gefordert“, so Stabenau. Dabei gibt es noch viele offene Fragen, denn jedes Land hat seine eigenen Vorschriften. Obendrein sei Einweg nicht immer schlechter als Mehrweg, wenn man die Umweltbilanz von Reinigungsprozessen mit einbezieht.
Mehr Seeweg statt Luftfracht
Bei der Logistik und Verpackung von Verbrauchsgütern und Zubehör sieht Stabenau hingegen deutliches Potenzial: „Wir haben bisher von unserem Zentrallager in Mitteldeutschland aus viel per Flugzeug in alle Welt geliefert – einem Kunden nicht alle 15 Jahre ein Gerät, sondern alle ein, zwei Wochen viele Kartons.“ Wenn Lieferungen von Masken und Schläuchen stattdessen per Seefracht nach Südamerika oder Asien gelangten, ließen sich erhebliche Emissionen einsparen. Noch kürzere Wege in der Produktion gehen seit diesem Jahr etwa Filter, die zwischen Patienten und Beatmungsschläuchen eingesetzt werden. Was vorher millionenfach in China gefertigt wurde, wird inzwischen in Lübeck mit Materialien aus Deutschland und Europa hergestellt. „Durch diese Verlagerung haben wir rund 90 Prozent der anfallenden CO₂-Emissionen eingespart, etwa 500 Tonnen pro Jahr“, berichtet Stabenau.
Elektromobilität im Fuhrpark
Ortswechsel: Beim Thema Elektromobilität ist Dräger in den Niederlanden am weitesten vorn. „Wir bieten unseren Beschäftigten, vom Management bis zum Service-Bereich, seit vier Jahren an, auf E-Autos umzusteigen“, berichtet Geschäftsführer Robert den Brave. Ein Grund dafür waren anfangs massive steuerliche Vergünstigungen. Inzwischen habe ein Umdenken auf breiter Front eingesetzt. Auch weil man in den Niederlanden mit einer Batterieladung sehr gut zurechtkommen kann. In den Niederlanden konnten bisher 101 Dienstwagen auf Elektroantrieb umgestellt werden. 23 weitere E-Fahrzeuge sind bestellt, die 2023 ausgeliefert werden sollen. „Wir starten auch einen Versuch mit zwei E-Transportern für Außendiensttechniker“. Bis Ende 2023 will den Brave rund 50 % des Fuhrparks seiner 252 Dienstfahrzeuge mit Strom betreiben. Bis 2027 soll der niederländische Fuhrpark vollständig umgestellt sein. „Das ist unerlässlich“, betont den Brave, „da die Städte ab 2025 Null-Emissions-Zonen einrichten und wir sonst unsere Kunden nicht mehr bedienen können.“ Er fährt fort: „Wir suchen gezielt nach wirtschaftlichen Modellen, egal von welchem Hersteller, und bieten deshalb mindestens acht verschiedene Marken an. Unser Leasing-Koordinator bestellt E-Autos auf Vorrat, ohne vorher zu wissen, wer sie fahren wird.“ Die Stromkosten seien Teil des Leasingvertrags und somit abgedeckt. Bei 100 E-Fahrzeugen, schätzt den Brave, dürfte die niederländische Tochtergesellschaft rund 125.000 Euro an Benzinkosten und rund 32 Tonnen an CO₂-Emissionen sparen. All diese Bemühungen, nachhaltiger zu werden, lassen sich nicht nur im Nachhaltigkeitsbericht nachlesen. „Unsere Leitidee Technik für das Leben drückt unser Anliegen wunderbar aus – nur haben wir bislang nicht genug darüber gesprochen“, beschreibt Stefan Dräger den Weg nach vorn. „So wie der Alltag dekarbonisiert wird, wird es auch unser Arbeitsalltag.“